Marktkommentar Februar 2022 | Börse im „Achtung“-Modus – Don’t fight the FED!

Fabian Wunderle, Artur Wunderle, Der Finanz Berater

2022 war bisher kein gutes Börsenjahr. Der Januar war mit einer der schlechtesten Jahresstarts, den die jüngere Börsengeschichte erlebt hat. Die weltweit deutlich gestiegenen Inflationsraten haben die Zinssätze nach oben gezogen. Nullzins ade! Dazu noch die geopolitischen Spannungen im Ukrainekonflikt, ein Mix der Anleger verunsichert.

Alles hängt von der Notenbankpolitik ab!

Die Kriegsangst an der europäischen Ostgrenze hat den Börsen in den vergangenen Wochen  zugesetzt. Wenn Russland in der Ukraine einmarschiert, würde das die Rohstoffpreise weiter treiben und internationale Aktien unter Druck setzen. In der Vergangenheit waren die Kursdellen durch Kriegsereignisse allerdings meist nur vorübergehend. Das internationale Börsengeschehen wird derzeit von einem anderen Thema bestimmt: der Inflation!

Zeigten sich die Notenbanken in Europa und den USA im Jahr 2021 angesichts steigender Teuerungsraten noch unbeeindruckt und freuten sich sogar über die Erreichung des angepeilten zwei-Prozent-Ziels, sieht die Lage 2022 schon anders aus.

US-Inflationsraten von 7,5 Prozent im Januar, veranlassten den FED-Chef Powell dann zu doch überraschend drastischen Schritten. So verwies der Notenbanker darauf, dass zum einen die Zinsen schrittweise angehoben werden – der Markt rechnet mit schon mehr als vier Zinsschritten von je 0,25 Prozent in 2022. Zum anderen, und das ist die eigentliche Überraschung, will die FED auch ihre aufgeblähte Bilanzsumme auf Diät setzen.

Zur Erinnerung: Die US-Notenbank hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie 4,5 Billionen US-Dollar in die Hand genommen um die Wirtschaft mit ihren Anleihekaufprogrammen zu stützen. Dadurch hat sich die Bilanz der FED seit 2008 auf knapp 9 Billionen US-Dollar verzehnfacht, die Geldmenge ist innerhalb von nur zwei Jahren um 41 Prozent gestiegen. Beides wirkt naturgemäß inflationsfördernd.

Nachdem die Geldwertstabilität eines der höchsten Ziele einer Notenbank ist, sollen nun wieder Anleihen verkauft werden. Das entzieht den Märkten Liquidität. Experten schätzen, es sollen über 100 Milliarden Dollar monatlich sein. Mit diesem „Quantitative Tightening“ hatten sich die Notenbanken schon einmal versucht. 2017 und 2019 musste die FED diesen Schritt revidieren und das Steuer 180 Grad herumreißen. Die Einschnitte an den Märkten und der Konjunktur waren (zu) deutlich. Wohlgemerkt lag der Liquiditätsentzug damals nur bei 30 Milliarden Dollar pro Monat.

Weniger Dramatik in Europa.

Hier zu Lande ist die Lage etwas entspannter. Die Inflationsraten liegen in Europa „nur“ knapp über der 5-Prozent-Marke. Lange hielt EZB-Präsidentin Lagarde an ihrem bisherigen Kurs fest: Sie will die europäischen Mittelmeerstaaten mit Frischgeld versorgen; sie will die Finanzwirtschaft liquide halten.

Eine Überraschung in Sachen zukünftige Geldpolitik gab es dann aber auch in Frankfurt. So wollte Christine Lagarde ihre Aussage, dass die Zinsen dieses Jahr nicht erhöht würden, zuletzt nicht wiederholen. Konkreter wurde es nicht. Experten gehen aufgrund der anhalten hohen Teuerungsraten mittlerweile davon aus, dass auch in Europa die Zügel gestrafft werden.

Der Januar hat gezeigt, was passieren kann, wenn die Notenbanken ernst machen! Der Blick auf die Inflationsraten bleibt entscheidend. Bleiben die Teuerungen hoch und erfordern eine drastische geldpolitische Straffung, hätte das negative Auswirkungen auf die Märkte. Hohe Inflationsraten und niedrige Zinsen – das wird es nicht geben. Wie die Währungshüter nach dem März tatsächlich weitermacht ist abzuwarten.

Die Börse bleibt im „Achtung“-Modus!

Den Märkten fehlt etwas die Orientierung, sich in diesem schwer vorhersehbaren Umfeld zurechtzufinden. Die Unschlüssigkeit der Notenbanker erklärt die Richtungslosigkeit der Kurse in den zurückliegenden Wochen.

Trotz des derzeit unberechenbaren Umfeldes bleiben die Grundpfeiler für eine langfristig positive Börsenentwicklung. Das globale Wirtschaftswachstum dürfte weiter über dem langjährigen Durchschnitt liegen – gleiches gilt für das Gewinnwachstum der Unternehmen. Der Arbeitsmarkt floriert. Die Inflationsraten dürften sich bei nachlassendem Basiseffekt der Öl- und Energiepreise etwas abflachen. Dennoch bereiten sich die Märkte auf die Zinswende vor!

Eine alte Börsenweisheit besagt „Don’t fiht the Fed!“. Anleger sind stets gut beraten, nicht gegen die Notenbankpolitik zu setzen. Der Grundsatz besagt in Phasen niedriger Zinsen mehr Risiko in Form von Aktienanlagen zu gehen und bei restriktiverer Geldpolitik konservativer zu agieren.

Nachdem die letzten Jahre viel Geld in risikobehaftete Anlagen (Aktien, alternative Anlagen etc.) floss, bauen Investoren in Ihren Portfolios nun wieder Risiko ab.

Das sieht man deutlich an der anhaltenden Sektorrotation: Substanz- (Value) und dividendenstarke Aktien werden gekauft, hoch bewertete Wachstumswerte (Growth), die ihre Gewinne erst in der Zukunft erzielen, werden verkauft. Die langweiligen Titel und Sektoren, die in dem Markt lange hinterherhinkten (Energie, Finanzwerte, Industrie, Versorger etc.), nehmen 2022 wieder Fahrt auf. Auch die Nachfrage nach Anleihen steigt wieder – die Inflationsangst sorgt für steigende Renditen.

Was sollten Anleger beachten?

  • Aktien bleiben auf Sicht die ertragsreichste Anlageform. Aber es braucht Zeit und gute Nerven. Die Realrendite (Inflationsrate abzüglich der Rendite einer 10-jährigen Bundesanleihe) bleibt noch länger deutlich negativ, aktuell sind es um die minus 5 %!
  • Nur Wachstumsaktien reicht nicht – Dividende nicht vergessen! Die letzten Wochen haben gezeigt, dass es nicht reicht auf die 10 größten US-Technologie-Konzerne zu setzen. Titel mit attraktiven Dividenden um die drei bis vier Prozent und günstig bewertete Aktien werden in der kommenden Phase einen wichtigen Beitrag zur Rendite und Stabilität eines Portfolios leisten.
  • Asien, allen voran China, gehört in jedes Portfolio. Der Einstieg ist günstig. Die Kreditkrise rund um den Immobilienfinanzierer Evergrande bleibt beherrschbar. Chancen bieten sich auch weiter in Europa und Japan.
  • Anleihen behalten Ihre Rolle als Risikopuffer. Und bringen wieder kleine Renditebeiträge. Die Rendite für eine 10-jährige US-Anleihe stieg auf ein 2 Jahres-Hoch. Besonders Anleger, die kurz- oder mittelfristig Geldanlegen können auf Anleihen nicht verzichten. Nicht zu lange Restlaufzeiten wählen, es gibt auch gute Kurzläuferinvestments.
  • Renditeerwartungen zurückschrauben. Die restriktivere Notenbankpolitik und die damit verbundene Verschiebung von Kapital in günstig bewertete und risikoärmere Anlagen setzt die Märkte weiter unter Druck. 2021 war ein Ausnahmejahr und wird sich nicht so schnell wiederholen!
  • Das größte Risiko ist nicht investiert zu sein. Die langfristigen Aussichten sind positiv und die Anlage in Aktien ist angesichts hoher Inflation alternativlos. Ein breit diversifiziertes Portfolio hinsichtlich Anlageklassen, Regionen, Sektoren und Anlagestilen bleibt der Schlüssel zum langfristigen Anlageerfolg.
  • Freie Gelder schrittweise investieren. Wer in Tranchen in den Aktienmarkt einsteigt, verteilt das Risiko und erhält einen Durchschnittskurs. Anleihen sollten ein fester Bestandteil des konservativen Portfolios sein und können auf einmal investiert werden.

Artur Wunderle, Fabian Wunderle, 16.02.2022

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