13. Juni 2024

Von der Zinswende zu sprechen ist zu früh

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vergangene Woche den Leitzins erstmals seit fünf Jahren um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Sie folgt damit der Bank of Canada und der Schweizerischen Nationalbank. Der Schritt wurde den Finanzmärkten seit längerem kommuniziert, sodass die Marktteilnehmer nicht überrascht agierten.

Der erfolgte Zinsschritt ist dennoch besonders. Zunächst, da die EZB den Zinssenkungszyklus vor der US-Notenbank FED einleitete. Das war bei den Zinsanhebungen andersherum, sodass der Eindruck entstand, die EZB nehme die Inflationsbekämpfung nicht so ernst wie ihr amerikanisches Pendant.

Dieser Verdacht erhärtet sich nun. Die Inflation in der Eurozone liegt derzeit bei 2,6 %. Damit zwar deutlich unter den Niveaus der letzten zwei Jahre aber noch immer weit entfernt vom 2 %-Ziel, das als Geldwertstabilität gilt.

Dem Dilemma zwischen Inflationsbekämpfung und Konjunkturförderung kann sich die Notenbank also weiterhin nicht entziehen. Finanzexperten, Volkswirte und Börsenanalysten werden weiterhin versuchen durch jede neue Konjunkturkennzahl, Äußerung oder Langfristdaten Rückschlüsse auf den nächsten Zinsschritt zu ziehen.

Nachdem sie damit meist trefflich scheitern, fragen sich viele Experten nun eher, wo sich das mittel- bis langfristige Zinsniveau einpendeln wird. Aber auch das ist schwer zu beantworten. Denn die Notenbank kann nicht nur am kurzen Ende die Zinsen durch den Leitzins beeinflussen, sondern sie ist auch bei den Langfristzinsen am Drücker.

Die EZB ist der größte Teilnehmer am Anleihenmarkt. Sie sitzt weiter auf einem riesigen Portfolio aus Anleihen, dass sie in einer beispiellosen Aktion während und nach der Pandemie aufgebaut hat. Bis heute. Es ist davon auszugehen, dass sie dieses weiter halten wird und die Findung der langfristigen Zinsen nicht dem Markt überlässt.

Was heißt das nun für mich als Anleger?

Zunächst, dass man weiterhin nicht versuchen sollte auf Zinsänderungen zu spekulieren. Zu groß ist die Gefahr von Überraschungen in der Inflationsdynamik und Zinspolitik.

Des Weiteren muss man festhalten, dass dieser kleine Zinsschritt noch keine großen Konsequenzen für Investoren hat. Die Zinsen (3,75 %) liegen weiterhin deutlich oberhalb der Inflationsrate (2,6 %). Damit sind derzeit relativ risikoarme reale Rendite von ca. 1 % möglich. Das gab es lange nicht mehr!

Fest steht aber auch, dass Banken – auch aus Furcht vor weiteren Zinssenkungen und dem Abschmelzen der eigenen Margen – bei ihren Tages- und Festgeldzinsen schnell reagieren. Anleger sollten beachten: Alle Zinsangebote unter der Inflationsrate sind weiterhin ein Geldwertverlust und Beträge über 100.000 Euro sollten niemals auf dem Konto liegen.

Der Anleihemarkt kann hier Abhilfe schaffen, denn mittels kurzlaufender Geldmarktanleihen sichern sich Investoren immer das aktuelle Zinsniveau abzüglich geringer Kosten. Und auch der restliche Anleihenmarkt bietet bei entsprechenden Risikoaufschlägen weiterhin attraktive – teils aktienähnliche – Endfälligkeitsrenditen.

Leitzinsen und Endfälligkeitsrenditen festverzinslicher Anlagen
Quelle: Bloomberg, ICE BofA, J.P. Morgan Economic Research, LSEG Datastream, J.P. Morgan Asset Management. Euro IG: Bloomberg Euro Aggregate Unternehmen; IG-Anleihen USA: Bloomberg US Aggregate Unternehmen; Euro-Hochzinsanleihen: ICE BofA Euro Developed Markets Non-Financial High Yield Constrained Index; US-Hochzinsanleihen: ICE BofA US High Yield Constrained Index; Schwellenländeranleihen Unternehmen: CEMBI Broad Diversified; Schwellenländeranleihen Staat: EMBI Global Diversified; Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die aktuelle und zukünftige Wertentwicklung. Guide to

Gerade der Vergleich mit den Werten von 2022 macht deutlich, dass Anleiheninvestments neben der Stabilisierungsfunktion in Krisen mittlerweile auch wieder ein Renditebringer für das eigene Portfolio sind. Sie sollten in keinem Depot fehlen.


Sprechen Sie uns gerne an um gemeinsam Ihre Anleihenpositionierung zu diskutieren. 

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