Erfolgreich Geld an den Kapitalmärkten anlegen ist eine Kunst. Wahrscheinlich eher ein Kunsthandwerk, denn man kann es lernen.
Immer wieder preisen wir, die Wissenschaft und einschlägige Experten die Vorzüge eines breit diversifizierten und kostenoptimierten Investmentfonds- bzw. ETF-Portfolios. Wenn hinter diesem Portfolio zudem eine Anlagestrategie steht, die Ihrem Risikoappetit, Zielen und Lebensplänen entspricht, stehen Sie mit Hinblick auf die Allokation Ihres liquiden Vermögens schon besser da als die meisten Deutschen.
Trotzdem erleben wir in unserem Beratungsalltag immer wieder, dass aufgebaute und erarbeitete (Familien-) Vermögen unnötig abschmelzen. Und dabei sprechen wir nicht von den naturgemäßen Schwankungen, die das eingehen gesunder und vergüteter Risiken am Kapitalmarkt mit sich bringt.
Denn das Befolgen von Grundsätzen bei der Bewirtschaftung eines Portfolios ist nur die eine Seite der Medaille. Häufig lauern die wichtigen Fragestellungen um ein Vermögen zu schützen, zu mehren, zu überwachen und es für künftige Generationen zu erhalten auch außerhalb des eigenen Depots.
Gefahren für Ihr Vermögen können dabei aus den unterschiedlichsten – oft auch unvorhergesehenen – Richtungen kommen. Einige davon, beispielsweise steuerliche oder politische Risiken, lassen sich schwer kontrollieren. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass die häufigsten „Vermögenskiller“ gerade diejenigen sind, die sich durch kluge Vorsorge und Planung selbstständig verhindern lassen. Dazu gehören zum Beispiel:
Notfallplanung: Mit Abstand das unterschätzteste Thema in Bezug auf eine gesunde Vermögensvorsorge. Denn was die wenigsten wissen: Wenn Sie z.B. durch einen Unfall kognitiv oder körperlich nicht mehr in der Lage sind Ihre Geschäfte selbstständig zu tätigen, erhält Ihr Ehepartner lediglich ein Notbetreuungsrecht für sechs Monate. Danach wird von Amtswegen ein Betreuer alle Ihre Rechtsgeschäfte tätigen, auch Ihre Geldanlagen. Für Ihr Vermögen – dessen Renditekraft Sie dann besonders brauchen – wird in diesen Fällen eigentlich immer in ein arbeits- und risikoarmes Konto oder Festgeld gewandelt. Ein realer Kaufkraftverlust ist damit sicher. In unserem Berufsalltag als Vermögensberater ist das Fehlen von Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung ein klassischer blinder Fleck. Wenn Sie Menschen in Ihrem Umfeld haben, denen Sie vertrauen ist die Erstellung wahrlich kein Hexenwerk. Es gibt spezialisierte Rechtsanwälte oder Onlineanbieter, die die Dokumente schnell und kostengünstig erstellen. Bei Immobilienbesitz ist die notarielle Beurkundung notwendig. Jeder sollte diese Dokumente haben!
Nachlass: Es gibt wohl kaum ein Thema bei welchem so häufig heftiger Streit in Familien ausbricht als beim Thema Erben. Denn verstirbt ein Familienmitglied ohne den letzten Willen in einem Testament zur verfügen, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge. Gerade bei immobilen Vermögenswerten (Unternehmen, Immobilien etc.) finden sich die Erben dann zwangsweise in einer Erbengemeinschaft wieder. Dass die Entscheidung über die Zukunft einer Immobilie im Kreise zweier Ex-Ehepartner und/oder den dazugehörigen Kindern i.d.R. beim Anwalt landet und hohe Kosten verursacht, bedarf keiner weiteren Erklärung. Abhilfe kann in diesen Fällen nur ein Testament und entsprechende Verfügungen schaffen. Beratung von einem spezialisierten Anwalt (Stichwort Rechtssicherheit) ist in diesen Fällen unbedingt ratsam. Sie sollten sich aber im ggf. im Vorfeld anhand einer kleinen Gedankenstütze Gedanken machen. 1. Was habe ich an Vermögenswerten? 2. Wer erbt was im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge? 3. Wer soll erben? 4. Wie verfüge ich meinen letzten Willen? Sehen Sie sich dazu unser Geldgespräch zum Thema Streit und Steuern vermeiden an. Übrigens kann das nicht-Ausnutzen von steuerlichen Schenkungsfreibeträgen zu Lebzeiten ebenso ein Risiko darstellen. Klar geregelte Nachlässe vermeiden Steuern und Streit für Ihre Lieben!
Ehe und Scheidung: Der Bund der Ehe sollte nie eine finanzielle Entscheidung sein. Gleichwohl bringt eine Hochzeit viele finanzielle Vorteile mit sich: Höhere Freibeträge, niedrigere Einkommenssteuer, geringere Erb- und Schenkungssteuern, Diversifikation von Einkommen etc.. Nachdem in Deutschland jede dritte Ehe wieder geschieden wird, sollte man sich aber auch der finanziellen Folgen einer Scheidung bewusst sein. Nicht nur fallen alle o.g. Vorteile weg, was in der Regel mit einer Herabstufung des eigenen Lebensstandards einhergeht. Vielmehr wird bei einer Scheidung nicht wie landläufig vermutet das vorher gepoolte Vermögen in zwei Hälften geteilt. Meist sind Scheidungen und das „Auseinanderfieseln“ der Werte mit hohen Kosten für Anwälte, Vorfälligkeitsentschädigungen von Krediten, Suchkosten für neue Unterkünfte etc. verbunden. Wer den Weg der Ehe erleben will, sollte sich am besten vor dem Abenteuer Gedanken über die wirtschaftlichen Chancen und Risiken machen. Ein gemeinsamer Ehevertrag kann ein rationaler Leitstern in emotional hitzigen Debatten sein.
Klumpenrisiken: Es ist eher der Regelfall als die Ausnahme, dass Privatanlegende in Deutschland nicht ausreichend über Regionen und Anlageklassen diversifiziert sind. Oftmals liegt das in der Natur der Dinge. Während bei kleineren Vermögensinhaber*innen die eigene Immobilie den Großteil in der Vermögensbilanz einnimmt, sind es bei wohlhabenderen Bürger*innen in der Regel Beteiligungen, die beispielsweise durch eine unternehmerische Tätigkeit angewachsen sind. Kommt es bei diesen konzentrierten Positionen zur raschen Abwertung (z.B. durch Marktgegebenheiten, Bau einer ICE-Trasse hinter Ihrem Haus) oder Insolvenz, wird das beträchtliche Lücken in die eigene Bilanz reißen. Ein erster sinnvoller Schritt ist, diese oft immateriellen Vermögenskonzentrationen in erster Linie bewusst und quantifizierbar zu machen. Je nachdem in welcher Lebensphase Sie sich befinden (Vermögensaufbau oder -erhalt), können Sie dann darüber nachdenken die Diversifikation Ihrer Werte entweder durch den Aufbau von Gegenpositionen (z.B. ausländische Aktien) und/oder die Übertragung von Eigentum (z.B. Verkauf/ Weitergabe von Beteiligungen) zu steigern.
Schadensereignisse: Das Konzept hinter Versicherungen steckt bereits im Namen – sie geben Sicherheit indem sie materielle Verluste im Schadensfall ersetzen. Natürlich wirft die Tatsache, dass für diese Sicherheit ein finanzieller Beitrag entgegengebracht werden muss, die Frage auf, welche Versicherungen man denn nun wirklich braucht. Die Antwort darauf ist denkbar simpel: Nämlich für all diejenigen Ereignisse, deren Schadenssumme Sie nicht aus Ihrem eigenen liquiden Vermögen stemmen können oder wollen. Das heißt beispielsweise, dass Sie Ihre großen Vermögenswerte (z.B. Immobilie oder Unternehmen) in jedem Falle ausreichend gegen Risiken (z.B. Elementarschäden resp. Haftungsschäden) absichern sollten. Oft vergessen wird dabei das Humankapital, welches gerade bei jüngeren Menschen für einen Großteil des (künftigen) Vermögens steht. Gerade bei der Absicherung der wichtigen Vermögenswerte sollte dabei die Deckung über einem günstigen Beitrag stehen. Denn am Ende zählt die Versicherung immer im Schadensfall bei Inanspruchnahme der Leistung.
Fazit: Bevor Sie sich also das nächste Mal intensiv Gedanken machen, ob Sie nun in Ihrem Depot mit 3 oder 5 Prozent in China investiert sein wollen, stecken Sie Ihre Energie doch zunächst in die Beantwortung der obigen Fragestellungen. Es wird Ihnen ein Gefühl von innerer Ruhe und Sicherheit bei Ihren Geldangelegenheiten verschaffen – versprochen.
Gerne nehmen wir Sie dabei an die Hand, geben Orientierung und empfehlen Ihnen Expert*innen aus unserem Netzwerk.
Fabian Wunderle, April 2023