Was es mit der aktuellen Aktienmarkt-Rallye auf sich hat

Artur und Fabian Wunderle, Der Finanz Berater
Das Bild welches der Aktienmarkt derzeit bietet, ebnet Hoffnung, Euphorie oder gar schon Gier den Weg. So steigen einige ausgewählte Aktienindizes seit Monaten – und das kräftig.

Sind die Herausforderungen um Ukrainekrise, Inflation und Rezession etwa schon vorüber?

Blickt man auf die Weltbörsen und blättert auf die aktuellen Entwicklungen des US-Aktienmarktes, mag dieser Gedanke jedoch durchaus aufkommen.

Nachdem der S&P 500 Index, der die Kursentwicklung der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen umfasst, das Jahr 2022 mit einem zweistelligen Minus beendete, hat er den Bärenmarkt mittlerweile wieder verlassen. Der Index beendete den Handel am 08. Juni mit mehr als 20 Prozent über seinem Tief vom 12. Oktober 2022. Seit Jahresbeginn beträgt das Plus des Index 15,73% (Stand: 15.06.23, 17:39 Uhr).

Die Entwicklungen im S&P500 stehen nicht stellvertretend für den Gesamtaktienmarkt

Primär verantwortlich für den respektablen Aufschwung u.a. des S&P 500 in den letzten Monaten sind nämlich lediglich eine Handvoll Technologiekonzerne die sich der Künstlichen Intelligenz (KI) verschrieben haben.

Da heute gut 70% der Top 10-Werte im S&P 500 aus dem Technologiesektor stammen, verwundert diese Kursrallye nicht. „Marktbreites investieren“ geht jedoch anders. Der Aktienmarkt besteht schließlich nicht nur aus Unternehmen der IT- und Kommunikationsbranche.

Hinter der Euphorie steckt vor allem ChatGPT

ChatGPT ist ein KI-Tool von OpenAI und steht aktuell im Ruf, das Internet zu revolutionieren. Der Name steht für „Chat Generative Pre-trained Transformer“. Der Chatbot basiert auf einem Maschinenlernmodell, das menschliche Eingaben versteht und auf natürlich klingende Weise beantwortet. Er beantworten Frage, verfasst komplexe Texte wie Referate und Abhandlungen und ist sogar in der Lage zu programmieren – zugegeben in einer beeindruckenden Qualität.

Die Hoffnung, das Thema KI „wäre nun soweit“ und könne Wirtschaft und Gesellschaft einen Schub geben wie einst die Erfindung des Internets oder des Smartphones, treibt Anlegende erneut zahlreich in die bekannten US-Tech-Megacaps wie Apple, Microsoft, Nvidia, Alphabet (Google) und Amazon. Diese sind, alleine schon ob Ihrer Größe und Marktmacht, beim Thema KI ganz vorne mit dabei.

Was folgt sind massiv steigende Aktienpreise, mittlerweile teils fernab jeglicher Rechtfertigung.

Die Kurse werden solange weiter steigen, wie sich Käufer finden.

Nehmen wir Nvidia, dessen Geschäft mit Chips für KI boomt. Seit Jahresbeginn konnte sich die Aktie weit mehr als verdoppeln. Fast ebenso spektakulär lief es bei der Facebook-Mutter Meta. Und auch die Titel des Softwarekonzerns Microsoft und der Google-Mutter Alphabet legten jeweils mehr als ein Drittel zu.

Microsoft und Nvidia werden derzeit mit dem 35- beziehungsweise fast 250-fachen des im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten Nettogewinns bewertet. Zum Vergleich: Alle Firmen des S&P 500 kommen durchschnittlich auf das 19-Fache.

Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der meisten Tech-Unternehmen relativ zu denen anderer Branchen sind so hoch wie zuletzt vor rund zwei Jahrzehnten. Das erhöht natürlich den Druck, die Gewinnerwartungen auch zu rechtfertigen. Die derzeit medial viel diskutierte Gefahr einer Spekulationsblase rund um das Thema KI ist also nicht unbegründet.

Aus unser jahrzehntelangen Beratungspraxis heraus wissen wir: Hoffnung kann jederzeit in Euphorie münden, was wiederum Enttäuschungen den Boden bereiten kann. Keiner will schließlich, dass der Schnellzug mit den großen Gewinnen an ihm vorbeizieht. Die Frage ist nun einmal, wann der Zug bereits zu schnell fährt, um gefahrlos aufzuspringen – und ob er letztendlich auch rechtzeitig vor Erreichen des Bahnhofs wieder abbremsen kann. Die Kursrallye zumindest wird sich solange fortsetzen, wie es Anlegende gibt die bereit sind, sie zu bezahlen.

Portfolios gemäß des individuellen Risiko-/ Renditeprofils gewichten

Investoren die im Tech-Bereich übergewichtet investiert sind, müssen sich früher oder später auf deutliche Korrekturen einstellen.

Es ist verständlich, dass Anlegende, insbesondere nach dem herausfordernden Jahr 2022 um aggressiven Zinserhöhungen, Energieängsten etc., intensiv nach positiven Perspektiven und überdurchschnittlicher Rendite Ausschau halten.

Tunnelblick und Herdentrieb funktionieren jedoch selten nachhaltig – den richtigen Zeitpunkt zu finden und dementsprechend zu investieren, noch viel weniger. Erinnern wir uns an den Hype um Wasserstoffaktien noch vor wenigen Jahren.

Gekauft wird meist, wenn es am teuersten ist. Die drauf folgende, meist unvermeidliche Korrektur dauert nicht selten ein paar Jahre. Die meisten Anlegenden verkaufen dann mit deutlichen Verlusten und versuchen Ihr Glück bei der nächsten Rallye. Nachhaltige Vermögensmehrung sieht anders aus.

Fassen wir also zusammen: Zum aktuellen Zeitpunkt kann noch niemand sagen, wie schnell das Thema KI nachhaltig Einzug in unser aller Leben halten wird und wie disruptiv die, mit der Technik einhergehenden Veränderungen, tatsächlich sein werden.  Auch die Antwort auf die Frage, welche Unternehmen sich letztendlich als die wahren Gewinner etablieren werden, steht noch in den Sternen.

Die Gewinner von heute müssen nicht die Gewinner von morgen sein. Eindrückliche Beispiele gibt es aus diesem Jahrtausend bei zwei bahnbrechenden Erfindungen: dem Internet und dem Handy. So galt um die Jahrtausendwende Yahoo als größter Profiteur des Internets, beim Handy galten Nokia und Blackberry als führend. Die heutigen Marktführer Google und Apple setzten sich erst später durch.

Das passende Verhältnis von Wachstum und Substanz

Wie zu Beginn des Artikels erwähnt, notierte der technologielastige US-Index S&P 500 im Jahr 2022 noch tief im roten Bereich. Wachstumswerte, insbesondere aus dem IT-Bereich konnten im vergangenen Jahr alles andere als überzeugen. Ganz vorne mit dabei: Die bekannten genannten US-Tech-Schwergewichte.

Wem es wichtig ist, sein Depot stabil und langfristig vermögensmehrend aufzustellen sollte also nicht (nur) auf die aktuellen Gewinner setzen.

Das beste aus zwei Welten: Value und Growth

Während es viele Wachstumswerte im Vorjahr also schwer hatten, war 2022 das Jahr der Substanzunternehmen (Value).

Wo bei Wachstumswerten ein möglichst starkes Gewinn- oder Umsatzwachstum im Vordergrund steht, orientiert sich der Kurs bei Value-Aktien auch an ihrem tatsächlichen, bilanziellen Buchwert. Bei Value-Aktien handelt es sich somit um vergleichsweise günstig bewertete Aktien. Ein Kurs-Buchwert-Verhältnis (KGV) von 1 bedeutet, die Aktie kostet am Markt genauso viel, wie sie auch tatsächlich gemäß der Bilanz Wert ist. Der gute Kaufmann weiß: „Der Gewinn liegt im Einkauf“.

Auch bei den Assetklassen Value und Growth haben sich die Gewinner in der Vergangenheit abgewechselt. Langfristig konnte man mit Value-Werten historisch gesehen jedoch mehr verdienen.

Für die Zukunft und ein langfristig erfolgreiches Portfolio gilt daher: Definieren was Ihnen wichtig ist, eine dazu passende Strategie formulieren und diese durchhalten.

Gerne unterstützen wir Sie dabei!

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