17. März 2023

Der König ist tot, lang lebe der König – ist Diversifikation noch en vogue?

Das Jahr 2022 hat bei vielen Investoren für Frustration gesorgt. Die Korrektur der Zinsen und der Bewertungen am Aktienmarkt hat ausgewogenen Investmentportfolios einiges abverlangt – zurecht stellen Anleger die Zukunftsfähigkeit dieser Strategien in Frage. Wir klären auf.

Was zeichnet ein ausgewogenes Portfolio aus?

Der Grundgedanke der Portfoliotheorie lässt sich einfach mit dem Begriff der Risikostreuung oder Diversifikation beschreiben. Ziel ist es, das Gesamtrisiko auf mehrere Finanzprodukte oder Anlageformen zu verteilen, um um die Anlagerisiken zu reduzieren.

Im Rahmen der horizontalen Diversifikation wird das Portfolio auf mehrere Finanzprodukte gleicher oder ähnlicher Risikoklasse verteilt. Das Balance-Portfolio dagegen bedient sich der vertikalen Diversifikation. Das Kapital wird dabei auf mindesten zwei bis drei unterschiedliche Anlageklassen verteilt angelegt, wie Aktien(-fonds), Anleihe-(fonds), Edelmetalle, Rohstoffe oder Immobilien.

Durch den Mix von Aktien und Anleihen in einem klassischen 60/40-Portfolio können in turbulenten Kapitalmarktzeiten risikoadjustiere Renditen generiert werden, indem der Anleiheanteil den Wertrückgängen reiner Aktienstrategien entgegenwirkt.

Die beeindruckende Erfolgsbilanz der 60/40-Strategie zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Zwischen 1980 und 2021 warf das Balance-Portfolio in 35 von 41 Jahren positive Renditen ab.

2022 – das Jahr der Trendwende oder nur eine Verschnaufpause?

Das Schreckgespenst der Inflation zwang Notenbanken weltweit zu restriktiven Maßnahmen und letztlich zu drastischen Zinserhöhungen, die in der Börsengeschichte ihres gleichen suchen. Das ernüchternde Ergebnis dieser Politik ist dem Balance-Portfolio deutlich abzulesen, denn sowohl Anleihen am Beispiel Bloomberg US Aggregate Bond lieferten das schlechteste Ergebnis überhaupt, als auch Aktien am Beispiel des S&P500 verzeichneten gleichzeitig das siebtschlechteste Jahr seit der Weltwirtschaftskrise.

Die Entwicklung ist ernüchternd, aber nicht nachhaltig, denn Renditemuster wie diese sind nicht nur selten, sondern auch höchstungewöhnlich. Aktien und Anleihen haben in nur fünf der letzten 95 Jahre gleichzeitig negative Jahresergebnisse erzielt.

Was bedeutet der Gleichlauf von Aktien und Anleihen für mein 60/40-Portfolio?

Ziel eines diversifizierten Portfolios ist eine möglichst unkorrelierte Mischung der Wertpapiere. Wenn nun Aktien und Anleihen wie 2022 im Gleichschritt marschieren, verliert der Diversifikationseffekt seinen Mehrwert. Der Rückblick zeigt jedoch, dass dies auf kurze Sicht nicht ungewöhnlich ist. Vielmehr sind die Korrelationen der letzten 30 Jahre auf 1-Jahres-Basis von erheblichen Schwankungen geprägt und können damit kurzfristig auch zunehmen (so wie 2022 geschehen). Im Durchschnitt lag der Gleichlauf zwischen den zwei wichtigsten Anlageklassen nahe bei null.

Der langfristige Investor darf und sollte sich von diesen kurzfristigen Schwankungen nicht beeindrucken lassen. Langfristig gibt es kein Indiz dafür, dass die wechselseitige Beziehung der Assetklassen und damit der positive Diversifikationseffekt zusammengebrochen ist.

Wie geht es weiter mit meinem 60/40-Portfolio?

Behalten Sie für ein zukunftsfähiges Portfolio immer den langfristigen Horizont im Auge! Das Jahr 2022 ging auch an den Börsen als höchst außergewöhnlich ein. Es sollte daher nicht als grundlegende Änderung einer langfristigen Beziehung fehlinterpretiert werden. Besonnenes Handeln und langfristiges Denken bleiben an der Tagesordnung, denn die Börsengeschichte beweist einmal mehr, dass dies zum Erfolg führt. So hat sich in der Vergangenheit ein 60/40-Portfolio früher erholt als ein reines Aktienportfolio. Vielmehr sollten Anleger ihr Vermögenskonzept hinsichtlich des eigenen Risikoappetits und der gesteckten Ziele regelmäßig auf den Prüfstand stellen, um auf derartige Marktänderungen eingestellt zu sein.

Bei unserem Fazit halten wir es mit Mark Twain (1835-1910): „Die Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben.“

Diversifikation ist nach wie vor unerlässlich, um risikoadjustierte Anlagestrategien zu verfolgen. Die Korrektur der Märkte im letzten Jahr hat dafür gesorgt, dass nun wieder robuste risikobereinigte Rendite erzielt werden können. Das Jahr 2022 geht aus vielerlei Gründen als außergewöhnliches Ereignis in die Geschichte ein – die Wechselbeziehung zwischen Aktien und Anleihen hat sich dadurch jedoch nicht grundlegend geändert, geschweige denn ein Ende gefunden. Diversifikation ist und bleibt das A und O der Geldanlage und damit auch das 60/40-Portfolio.

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