Die Strategische Asset Allokation ist die wichtigste Entscheidung für Privatanleger

Die Strategische Asset Allokation ist die wichtigste Entscheidung für Privatanleger!  

Ein paar Aktienfonds, eine Handvoll Anleihen, ein bisschen Gold dazu, fertig ist die Streuung im Depot. Schließlich liest man wieder wie wichtig es in Punkto Gelanlage ist, nicht „alle Eier in einen Korb zu legen“, sein Vermögen also möglichst breit zu allokieren.

Dem stimmen wir im Grundsatz auch absolut zu! Damit Diversifikation jedoch auch wirklich funktioniert, braucht es ein wenig mehr als eine einfache 50:50 Aktien-Anleihen-Mischung.

Die Thematik rund um die – subjektiv – optimale Aufteilung und Gewichtung der einzelnen Anlageklassen im Depot wird in der Fachwelt auch Strategische Asset Allokation, kurz SAA, genannt.

Richtig angewendet, ist die SAA für das Erreichen der vorab definierten Zielsetzung – und damit den Anlageerfolg eines Depots – von entscheidender Relevanz. In der Praxis findet sie leider noch immer viel zu selten die nötige Aufmerksamkeit.

Was ist Strategische Asset Allokation?

Im Wesentlichen handelt es sich bei der Strategischen Asset Allokation um einen Prozess, bei dem – noch vor der Geldanlage selbst – Vermögensinhaber und Gesamtvermögen genau unter die Lupe genommen werden. Im Zuge der SAA geht es darum, die Zielsetzungen, Lebensumstände, Ansprüche und Sorgen des Anlegenden möglichst genau zu eruieren und zu formulieren. Nur so kann eine maßgeschneiderte und meist langfristig erfolgreiche Strategie für den Vermögensinhaber abgeleitet werden.

Am Anfang steht die Zielformulierung

Alles beginnt mit den Anlagezielen des Investors. Diese gilt es jedoch erst einmal zu identifizieren und die reale Umsetzbarkeit zu prüfen. Hilfreiche Stichpunkte zur Formulierung der Zielsetzung(en) können sein:

  • Zweck der Geldanlage: Geht es um die eigene Altersvorsorge, die Unterstützung der Kinder, eine konkrete Investition oder dem Aufbau von Kapital ohne konkretes Ziel?
  • Anlagehorizont: Können die Gelder fünf, zehn oder fünfzig Jahre für mich arbeiten?
  • Renditeerwartung: Wie viel Rendite wünsche ich mir bzw. benötige ich im Rahmen meiner Ziele?
  • Risikomentalität: Wie viel Kursschwankung vertrage ich wirtschaftlich – und mental?
  • Gesamtbetrachtung: Hängen vom Erreichen des Vermögensziels andere Ziele ab (z.B. die eigene Firma)?
  • Liquiditätsplanung: Wie sieht die Einzahlungs- und Entnahmestrategie aus?
  • Anlagephilosophie

Offensichtlich wird, wie wichtig im Rahmen der zielführenden Beantwortung all der eben aufgezählten Fragestellungen eine genaue Bestandsanalyse des Gesamtvermögens (IST-Analyse) des Vermögensinhabers ist.

Am besten setzt man sich hierzu mit seinem Berater oder seiner Beraterin an einen Tisch und schafft einen Überblick. Gemeinsam kann darauf aufbauend die Strategische Asset Allokation formuliert werden im Zuge derer eine langfristige – und zielegerechte – Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Renten, Immobilien, Rohstoffe, etc. erfolgen kann.

Gewichtung der einzelnen Anlageklassen

Wie hoch die einzelnen Anlageklassen letztendlich im Depot zu gewichten sind, hängt stark von der formulierten Zielsetzung des Vermögensinhabers ab. Warum? Die verschiedenen Assetklassen verfügen über ganz unterschiedliche Funktionen, Vorteile und Nachteile. Drei Beispiele:

Aktien können langfristig Inflationsschutz und Mehrertrag bieten. Auch sind sie zumeist schnell veräußerbar (Zielsetzung Liquidität). Auf der anderen Seite sind sie anfällig für stärkere Kursschwankungen.

Renten bieten einen gewissen Deflationsschutz, sind schnell liquidierbar und können – je nach Ausgestaltung – die Volatilität im Depot senken. In den meisten Fällen dienen sie im besten Fall eher dem Vermögenserhalt, als der Vermögensmehrung.

Immobilien sind weniger volatil und können die Wertentwicklung eines Portfolios stabilisieren. Sie sind aber „immobil“ und lassen sich nicht schnell liquidieren. Oftmals haben zudem Einzelobjekte (z.B. ein vermietetes Haus) einen zu großen Anteil im Gesamtvermögen und stellen damit ein Klumpenrisiko dar.

Warum ist SAA so wichtig?

Über die Strategische Asset Allokation wird in der modernen Portfoliotheorie u.a. versucht, zwei großen Herausforderungen im Kosmos der Geldanlage zu begegnen: Der Unsicherheit künftiger Marktentwicklungen sowie der Diversifikation.

Stellen wir zunächst klar, dass niemand eine Glaskugel besitzt und in die Zukunft sehen kann. Verlässliche Prognosen zu künftigen Wertentwicklungen und Risiken zu leisten ist mit gängigen Mitteln nicht möglich.

Dennoch stellt man bei der Zusammenstellung eines Portfolios – auch im Rahmen der SAA – eine gewisse Erwartung an die zukünftigen Erträge (und Risiken) der einzelnen Assetklassen und Depotbausteine. Wichtig: Je länger dabei der Anlagehorizont des Vermögensinhabers, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich diese Annahmen bewahrheiten.

Ein Beispiel: Den künftigen Ertrag von Aktienmärkten über 20 Jahre zu prognostizieren, ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit möglich, als die Entwicklung in den nächsten 12 Monaten vorherzusagen. Diese Aussage gilt dabei nicht nur für Aktien, sondern für alle Anlageklassen. Die Strategische Asset Allokation ist somit immer langfristig!

Der zweite Grund für die Relevanz einer SAA findet sich im Diversifikationseffekt („nicht alle Eier in einen Korb legen“). Warum ist eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen, Regionen, Branchen und Unternehmen noch einmal so wichtig?

Wer nicht streut, rutscht aus.

Bricht der Kurs eines Depotbausteins einmal ein, rentiert er also negativ, können andere Bausteine im besten Fall mit einer positiven Wertentwicklung gegensteuern und so positiv auf die Gesamtvolatilität des Depots wirken. So der Grundgedanke der Diversifikation.

In einer Wunschwelt gäbe es zwischen den einzelnen Depotbausteinen keinerlei Korrelation – oder wenn doch, dann nur eine möglichst geringe. Ohne Korrelation wären die Entwicklungen der einzelnen Depotbausteine vollkommen unabhängig voneinander.

In der Realität gibt es diesen perfekten Zustand aufgrund von konjunkturellen Interdependenzen in einer globalisierten Welt, Anlageverhalten der Massen und vieler weiteren Faktoren nicht. Im Gegenteil, oft befinden sich in den meisten Depots viel zu viele Eier selber Farbe – und damit großer gegenseitiger Abhängigkeit.

Mithilfe einer vorgelagerten SAA können Anleger jedoch eine individuell passende Vermögensallokation ermitteln und so ein Portfolio erhalten, das auf mehreren, verlässlichen Standbeinen stehen kann. Ein markanter oder gar kompletter Vermögensverlust wäre unter Wahrung eines langfristigen Anlagehorizonts so sehr viel unwahrscheinlicher.

Auch die Wissenschaft bestätigt, dass die SAA der wichtigste Faktor für die Bestimmung des langfristigen Anlageerfolges eines Portfolios ist. Schon 1986 untersuchten Brinson et al.1 die Auswirkungen der SAA auf die Rendite von Pensionsplänen und stellten fest, dass die Asset Allokation ca.  90 Prozent der Variabilität der Renditen erklärt. Die Auswahl der einzelnen Wertpapiere und das Market Timing, allgemein bekannt als „Aktives Management“ sind hingegen weniger wichtig. Mehrere Studien haben seitdem diese Ergebnisse bestätigt.2,3

Der Großteil des langfristigen Risiko-Rendite-Profils eines Portfolios ist von der Gewichtung der übergeordneten Anlageklassen abhängig!

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Auch die passendste Strategie sollte nicht in Stein gemeißelt sein. Sie sollte sich jederzeit an sich verändernde private oder marktbedingte Veränderungen anpassen lassen.

Kluges Rebalancing sichert das Rendite-Risiko-Verhältnis der SAA über die Zeit hinweg.

Bewegen sich die einmal festgelegten Gewichtungen der einzelnen Anlageklassen in einem Portfolio von der ursprünglichen Zielgewichtung der Strategischen Asset Allokation weg, muss eingegriffen werden und das Vermögen wieder an die formulierte SAA angepasst werden. Dies erfolgt durch das sogenannte Rebalancing.

Ein Beispiel: In positiven Börsenphasen kann die Aktiengewichtung in einem Depot im Vergleich zu den anderen Assetklassen überproportional steigen. Ein Rebalancing verkauft das Aktienübergewicht und stellt das Gleichgewicht in der SAA wieder her.

Eine Recalculation kann bei sich ändernden Lebensumständen wichtig werden.

Neben dem Rebalancing können im Laufe der Zeit auch Veränderungen in der SAA selbst nötig werden. Zum Beispiel dann, wenn sich Grundlegende Parameter im privaten oder beruflichen Leben des Vermögensinhabers ändern. Oder auch, wenn sich die Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten auf breiter Basis modifizieren.

Um sicherzugehen, dass eine Strategie dauerhaft zum Anleger passt und in der Lage ist, die formulierten Anforderungen zu erfüllen, sollten Investoren in regelmäßigen Abständen das Gespräch mit dem Berater oder der Beraterin suchen.

Fazit: Die wichtigste Entscheidung für Anlegende ist es zu bestimmen, in welcher Gewichtung bestimmte Anlageklassen und Subanlageklassen in einem Portfolio gewichtet werden sollen.  Denn die langfristige Renditeerwartung und vorteilhafte Korrelationseffekte können nicht nur den Gesamtverlust des Vermögens verhindern, sondern auch die Renditeerwartung eines Portfolios bei geringerem Risiko verbessern.

 

Quellen

  • Brinson, Gary P., L. Randolph Hood, and Gilbert L. Beebower. „Determinants of portfolio performance.“ Financial Analysts Journal4 (1986): 39-44.
  • Ibbotson, Roger G., and Paul D. Kaplan. „Does asset allocation policy explain 40, 90, or 100 percent of performance?.“ Financial Analysts Journal1 (2000): 26-33.
  • Ibbotson, Roger G. „The importance of asset allocation.“ Financial Analysts Journal2 (2010): 18-20.