Eine Frage, die uns derzeit von unseren Kunden häufig gestellt wird, ist: „Wie hoch sollen wir den US-Anteil in unserem Portfolio gewichten?“. Die Frage ist legitim. Denn der US-Aktienmarkt hat sich in den letzten Jahren deutlich besser entwickelt als der Rest der Welt. Besonders die „Glorreichen Sieben“-Aktien (Microsoft, NVIDIA, Apple, Amazon, Google, Meta und Tesla) haben einen Großteil dieser Entwicklung getragen.
Anlegern wird mittlerweile bewusst, dass der Anteil dieser US-Unternehmen in den gängigen Indizes und den entsprechenden passiv gemanagten Indexfonds (ETF) außergewöhnlich hoch geworden ist. Der US-Anteil des wohl bekanntesten Index MSCI World beträgt aktuell circa 74 Prozent, wovon ein Viertel (24 Prozent) dieses „Weltaktienindex“ in den oben genannten sieben Aktien steckt. Die USA machten in 2024 allerdings „nur“ 25 Prozent der weltweiten nominalen Wertschöpfung (BIP) aus.
Nachdem viele große aktive Fonds die bekannten Indizes als Messlatte haben – und sich nachvollziehbarerweise nicht so richtig trauen davon abzuweichen – betrifft diese Konzentration nicht nur die passiven Fonds. Wie mit diesem Klumpenrisiko umgehen?
Fonds verlieren durch die Konzentration ihren zentralen Vorteil.
Wir sind ein großer Freund von aktiv und wie auch passiv verwalteten Fonds – bieten sie Privatanlegern in der Regel doch einen kostgengünstigen Zugang zu über Regionen, Sektoren und Unternehmen gestreuten Investmentportfolios. Sie schützen Anleger vor dem Risiko, dass der Verlust bei einzelnen Unternehmen oder Marktsegmenten überproportional ins Portfolio durchschlagen. Dieser Effekt geht allerdings bei einer hohen Konzentration in wenigen Aktien oder einzelnen Sektoren verloren.
Natürlich kann man – wie zuletzt geschehen – auch von dieser Konzentration profitieren, wenn das übergewichtete Marktsegment weiter steigt. Zur Erinnerung: „Historische Renditen sind kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung“. Blickt man am Beispiel des S&P 500 Index darauf, wie lange sich Unternehmen an der Spitze von Indizes halten, regt das zur Demut an. Auch wir wissen nicht, ob die Top-10 Firmen von heute 2030 noch in den vorderen Rängen vertreten sind. Die Gewinner von heute müssen nicht zwingend die Gewinner von morgen sein.
Zudem verändert die hohe Gewichtung der „Glorreichen Sieben“ das Risikoprofil eines Portfolios: Technologiewerte sind bekannt für ihre höhere Volatilität und Anfälligkeit gegenüber Marktzyklen. Der US-NASDAQ-Index erlebte während der Dotcom-Blase 2000 einen Rückgang von 83 Prozent, weit über den Rückgang des S&P 500 hinaus. Auch wenn die heutigen Tech-Giganten solide Geschäftszahlen vorweisen, bleibt die grundsätzliche Sektoranfälligkeit bestehen.
Muss ich meine Allokation überdenken?
Wir vertreten die Meinung, dass eine Anlagestrategie immer im Kontext der eigenen Lebenssituation gesehen werden muss. Bei jungen Menschen im Vermögensaufbau fällt das Konzentrationsrisiko weniger ins Gewicht. Zum einen hat man die Zeit, Kursschwankungen auszusitzen und profitiert zudem von den automatischen Gewichtungsanpassungen, die ein Index mit sich bringt. Regelmäßige Sparraten helfen zudem günstiger einzukaufen, sollten die Kurse einmal fallen. Voraussetzung dafür ist, dass die zugrundeliegende Anlage bereits grundlegend über Sektoren und Regionen diversifiziert ist. Es sollte also immer in einen weltweiten ETF oder Fonds, idealerweise mit Schwellenländeranteil, investiert werden. Finger weg von reinen US-Investments wie dem S&P 500 oder noch schlimmer reinen Regionen- und Sektorspezifischen Anlagen wie einem NASDAQ-ETF.
Anleger, die innerhalb der nächsten zehn Jahre Kapitalentnahmen planen – sei es für den Ruhestand, Konsum oder Investition – sollten Risikomanagement höher priorisieren und das Klumpenrisiko und die daraus zu erwartende höhere Volatilität aktiv reduzieren. Dabei sollte zum einen die Allokation innerhalb der Aktien (Regionen, Sektoren, Stile, Unternehmen) gut diversifiziert werden. Zum anderen ein Kapitalpuffer – zum Beispiel durch kurzlaufende Anleihen guter Bonität – für planbare Entnahmen aufgebaut werden. Auch Investoren, die aus wirtschaftlichen oder emotionalen Gründen eine Anlagestrategie mit geringen Schwankungen bevorzugen, sind gut beraten, die Fehlervermeidung über die Renditeerzielung zu priorisieren.
Wie reduziert man das Konzentrationsrisiko sinnvoll?
Nun, wir wagen die Zukunft der „Glorreichen Sieben“ nicht zu prophezeien. Aus unserer Sicht liegt die Herausforderung nicht unbedingt in den Fundamentaldaten der großen US-Unternehmen. Sie sind zwar hoch bewertet – das waren sie aber schon die letzten Jahre und sie sind stets ihrer Bewertung hinterhergewachsen. Die Unternehmen haben solide Bilanzen, fast schon unheimlich starke Marktstellungen mit großen Wettbewerbsvorteilen und ein dynamisches Wachstum. Ebenso gefährlich, wie die „Glorreichen Sieben“ zu hoch zu gewichten halten wir es, gar nicht in diesen Unternehmen investiert zu sein. Was kann also ein pragmatischer Weg sein, das Risiko sinnvoll zu managen?
In letzter Zeit sind eigens zu dem Zwecke den marktkapitalisierten Indizes entgegenzuwirken sogenannte gleichgewichtete („equal-weight“) ETFs aufgelegt worden: ETFs mit gleichmäßiger Verteilung aller Indexwerte. Beim S&P 500 würde die gleichgewichtete Variante das Gewicht der Top-10 Positionen von ca. 35 Prozent auf 3 Prozent reduzieren. In unseren Augen eine zu starke Wette gegen die großen Unternehmen zugunsten der mittleren Firmen, die dadurch eine Übergewichtung erfahren. Zudem haben diese ETFs im Vergleich zu den Standardprodukten deutlich höhere Handelskosten, da Titel regelmäßig genau auf Ihre Zielallokation gesetzt werden müssen. Aktien die durch Kurssteigerungen wachsen müssen verkauft werden. Aktien die fallen, werden nachgekauft.
Der in unseren Augen sinnvollere Weg ist, das Portfolio durch die Hinzunahme von Aktien anderer Regionen (Schwellenländer und Europa) als auch Stile (global Value- und global Nebenwerte) zu ergänzen. Wir nutzen diese Bausteine in unserer Finfolio-Vermögensverwaltung um das Gewicht der teuren US-Aktien zu steuern, bleiben aber trotzdem über einen S&P 500 ETF investiert. Somit erreichen wir eine ausgewogenere Aktien-Allokation mit ca. 45 Prozent US-Anteil und 19 Prozent Technologie-Sektor – weniger als im MSCI World. Zudem erweitern wir das Portfolio um andere Asset-Klassen. Insbesondere Anleihen und Rohstoffe bietet nicht nur Stabilität, sondern auch Schutz vor spezifischen Aktienrisiken.
Fazit
Die Dominanz der „Glorreichen Sieben“ stellt eine potenzielle Herausforderung für Anleger dar, die auf Diversifikation setzen. Eine bewusste Portfoliosteuerung, abgestimmt auf individuelle Ziele und Risikopräferenzen, bleibt der Schlüssel, um von den Vorteilen moderner ETFs zu profitieren, ohne deren inhärente Risiken zu übersehen.