10. April 2025

Wie sollte ich als Anleger auf die Zoll-Kapriolen reagieren?

Die Angst vor der erratischen US-Zollpolitik hat die Kapitalmärkte fest im Griff. Am 02. April gab US-Präsident Donald Trump bekannt, dass die USA künftig Zölle zwischen 10 % und 50 % für Warenimporte aus verschiedenen Ländern erheben werden. Wohlgemerkt zusätzlich zu den bestehenden Zöllen, die bereits von der US-Regierung verhängt wurden.

Der Zeitpunkt der Verkündung war bereits im Vorfeld bekannt und von Trump als „Liberation Day“ angekündigt. Jedoch überraschte sowohl die Höhe als auch die Berechnungsweise der Zollsätze die Beobachter. Die Zölle waren anscheinend nur in deutlich niedrigerer Höhe in den Kursen eingepreist. Und genau dies ist die Schwierigkeit. Niemand weiß im Vorfeld was genau kommt und was schon in den Preisen steckt.  

Politische Unsicherheit ist Gift für die Märkte! Ist die Welt-Rezession nun unvermeidbar? Brechen die Unternehmensgewinne ein? Anleger reagieren in solchen Situationen immer gleich: „Raus aus dem Risiko, koste es was es wolle!“ Die Aktienmärkte gaben dann auch weltweit deutlich nach, Risikoaufschläge bei Anleihen stiegen, während zumindest europäische Staatsanleihen an Wert gewannen. Die US-Staatspapiere – eigentlich sicherer Hafen – erschauerten hingegen im Angesicht einer gewaltigen US-Überschuldung, des Vertrauensverlusts beim US-Dollar und steigender Inflation.

Auf Aktienseite wurden Unternehmen aus Branchen verkauft, die durch ihre Exportabhängigkeit stark von den Zöllen betroffen sind oder deren Bewertungen bis zuletzt als teuer galten (Wachstumsaktien). Allen voran die „Glorreichen 7“, sie verloren vom 01. Januar 2025 bis zum 08. April knapp 30 % aus Sicht des Euro-Anlegers. Und dies ausgerechnet nachdem Experten in Folge des Wahlsiegs von Donald Trump das Zeitalter des amerikanischen Exzeptionalismus ausgerufen hatten und damit noch einmal massive Kapitalströme aus der ganzen Welt an die Wallstreet lockten. Was hoch steigt, kann tief fallen. Europa – von Anlegern zuletzt gerne gemieden – kommt bisher mit einem blauen Auge davon. Der Stoxx 600 Index liegt 2025 nur ca. 6 % im Minus.

Am 09. April – dem Tag an wir diesen FINANZBERATER eigentlich online versenden wollten – legte Trump die jüngsten Zölle dann überraschend für 90 Tage auf Eis. Nur die Einführen aus China belegte er mit sofortiger Wirkung mit einem Zoll von 125 %. Die Meldung löste an der Wall Street die drittgrößte Rally seit dem Zweiten Weltkrieg aus. In nur zehn Minuten gewannen US-Aktien vier Billionen Dollar an Marktkapitalisierung hinzu – und dass, obwohl die Probleme nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben sind.

Wie soll man als Anleger mit diesen Kurssprüngen und der Unsicherheit über die Zukunft der Weltwirtschaft umgehen?

„Diesmal ist alles anders!“

Es gibt einige Grundsätze, die wir unseren bestehenden als auch neuen Kunden gerade in volatilen Zeiten gebetsmühlenartig predigen. Dazu gehören:

  • Schwankungsrisiko ist die Grundvoraussetzung um eine Rendite zu vereinnahmen.
  • Wir werden es nicht schaffen, Krisen am Kapitalmarkt vorherzusagen.
  • Wir wissen nicht, was künftige Börsenabschwünge auslösen wird.
  • Es wird Zeiträume geben, in denen wir Geld verlieren werden.
  • Die Weltwirtschaft als Ganzes wird sich langfristig immer wieder erholen.
  • Unsere Anlagestrategie ist so ausgestaltet, dass wir vor der Krise wissen, was wir in der Krise machen.
  • In der Krise ist es wichtig durchzuhalten und nicht unüberlegt zu verkaufen.

Dennoch sind Menschen bei solch drastischen Veränderungen verleitet, an diesen bewährten Anlageprinzipien zu zweifeln. Getreu dem Motto „This time it’s different!“ oder übersetzt „Diesmal ist alles anders!” Der Impuls, das Weite zu suchen und das Engagement in risikoreichen Anlagen zu reduzieren, ist zutiefst menschlich.

Genau deshalb möchten wir in diesem Artikel mit den gängigsten Mythen und Denkfehlern in den Ring steigen und Ihnen gleichzeitig einige rationale Leitlinien mit auf den Weg geben, um Ihr Vermögen auch in dieser wilden Börsenphase zu schützen. Denn: Ja, die „alten“ Regeln gelten noch immer!

„Wir haben eine Krise!“

Nicht unbedingt. Um tatsächlich zu beurteilen, wie gut es um den Aktienmarkt steht, sind die reinen Kursstände oder Indizes nur wenig aussagekräftig, denn diese verraten wenig über die Bewertung des Marktes. Der Kurs ist lediglich der Preis, den Käufer und Verkäufer aktuell handeln – nicht aber, ob dieser Preis im Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert des Unternehmens (z.B. Gewinne, Umsätze, Buchwert) hoch oder niedrig ist.

Das gängigste Maß um die relative Bewertung zu messen, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Es drückt aus, wie viel Anleger aktuell bereit sind, für die erwarteten Gewinne eines Unternehmens oder Marktes in den nächsten 12 Monaten (Forward-KGV) zu zahlen. Betrachtet man diese Kennzahl für den bekannten MSCI World Index, stellt man fest, dass die aktuelle Bewertung genau im langjährigen Durchschnitt liegt. Der US-Markt ist im Verhältnis zu seinem langfristigen Mittel sogar noch überbewertet! Im Rest der Welt laden günstige Bewertungen zum Nachkaufen ein – Schwellenländeraktien und Europäische Titel gehören in jedes Depot. 

„Davon erholen wir uns nicht so schnell!“

Trotz der kurzfristigen Risiken durch US-Zölle sollten Anleger die möglichen positiven Impulse nicht übersehen. Regierungen können mit Konjunkturmaßnahmen wie höheren Ausgaben, Steuersenkungen oder Deregulierungen gegensteuern, um Wachstum zu stützen. Wir erinnern uns an die Corona-Pandemie als Regierungen in Windeseile Konjunkturpakete und Stützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht haben. Notenbanken weltweit reagierten mit massiven Zinssenkungen und fluteten die Wirtschaft mit frischem Geld. Der DAX schloss im Pandemiejahr 2020 im Plus nachdem er unterjährig fast 40 % verloren hatte! Im April 2020 hätte das niemand geglaubt, im Nachhinein erscheint es logisch. Ein gängiger Anlegerfehler. Und die kurzen Beine der politischen Börsen hat Trump mit seinem Rückzieher höchstpersönlich bewiesen – am Ende ist es dann doch „the economy, stupid“.

Zudem sollte man die Anpassungsfähigkeit der Weltwirtschaft nicht unterschätzen. Während wir noch die jüngste Nachrichtenflut verdauen, tüfteln hunderttausende Menschen weltweit daran, neue Lösungen zu finden, um künftig weiterhin Gewinne für ihre Unternehmen zu vereinnahmen. BASF baut neue Werke in China, die Autohersteller verlagern in die USA oder Osteuropa. Zwar wird die Anpassung der Strukturen (Kapazitätsabbau, Verlagerung von Produktion) die Ertragslage in den nächsten Jahren belasten, könnte aber zu einer Neubewertung führen. Die Weltwirtschaft ist ein anpassungsfähiges System, das auch künftig Gewinne abwerfen wird.

„Jetzt sollten wir aussteigen!“

Zum Verkaufen ist es jetzt zu spät! Wer jetzt verkauft, realisiert möglicherweise Verluste. Wer durchhält, profitiert oft von der Erholung. Der Versuch, den Markt in diesen Zeiten zu „timen“ ist verlockend: Teuer verkaufen, günstig nachkaufen, dann an der Erholung partizipieren. Was so einfach klingt, kostet private wie auch institutionelle Anleger nachweislich Rendite!

Denn den perfekten Wiedereinstieg zu finden ist fast unmöglich. Anleger riskieren, die besten Tage am Markt zu verpassen – und die machen einen großen Teil der langfristigen Rendite aus. Zudem liegen die besten und die schwächsten Tage am Kapitalmarkt oft ganz nah aneinander. Wer bei der Zollankündigung verkauft hat, stand bei Gegenbewegung an der Seitenlinie. Und wann steigt man dann wieder ein?

Statt Timing zählt Disziplin und ein klarer, langfristiger Plan. Ein vernünftig strukturiertes Portfolio – in diesem Beispiel bestehend aus 60 % Aktien und 40 % Anleihen – erholt sich nach Einbrüchen spätestens nach drei Jahren deutlich. Im Schnitt um 23 %.  

„Verkaufen wir doch die Zoll-Verlierer!“

„Oder kaufen die Zollgewinner?“ Auch dafür ist es jetzt zu spät! Solche Wetten auf kurzfristige Entwicklungen sind spekulativ und laufen oft ins Leere. Wer glaubt, von Zöllen, politischen Maßnahmen oder Krisengewinnern gezielt profitieren zu können, unterschätzt, dass diese Effekte meist schon in den Kursen eingepreist sind. Außerdem sind die Zusammenhänge komplex – und politische Entscheidungen schwer vorhersehbar. Stattdessen erhöht man das Risiko, dem eigenen Depot schadet es langfristig meist mehr, als es nützt.

Ein ordentlich strukturiertes Portfolio ist vorbereitet! Das heißt, dass es nicht nur blind auf die Gewinner der letzten Jahre oder auch die vermeintlichen Gewinner der nächsten Jahre setzt. Es hat diese schon allokiert. Es deckt auch Anlagebereiche ab, die in Boomphasen zwar nicht die großen Gewinne, dafür aber in nervösen Phasen stabilere Renditen einfährt. Anleger, die an Asien, Europa, Dividenden- und Value-Aktien festgehalten haben, werden nun belohnt. Auch europäische Anleihen mit längeren Laufzeiten nehmen endlich wieder einmal ihre Rolle als stabilisierendes Element im Portfolio ein. Defensive Portfolios funktionieren dieser Tage wie sie sollen: Sie schwanken deutlich weniger, weil sich die Renditen gegenläufig bewegen. Fallen die Aktien, steigen die Anleihen!

„Was also heute tun?“

Auch wir wissen nicht, wo die Reise noch hingeht oder was dem US-Präsident als nächstes einfällt. Wir wissen aber, auf welche Prinzipien wir uns verlassen wollen um das Geld unserer Kunden nachhaltig zu schützen. Der Impuls, schnell noch „proaktiv“ im Portfolio herumzuarbeiten ist menschlich, kommt aber zu spät. Und es muss auch nicht sein. In Phasen wie dieser gilt es, sich auf das Wesentliche zu besinnen: die langfristige Strategie und bewährte Regeln!

Unsere Kunden wissen, dass ihre Portfolios in aller Regel so aufgebaut sind, dass sie sowohl zur individuellen Risikoneigung als auch zum geplanten Anlagehorizont passen. Sie sind so strukturiert, dass sie sich nach Phasen des Stresses wieder erholen werden. Wer jetzt Unruhe verspürt, sollte sich fragen, ob die eigene Aktienquote vielleicht zu hoch ist. Denn: Die derzeitigen Schwankungen sind keineswegs ungewöhnlich für den Aktienmarkt.

Für Gelder, die in den nächsten drei Jahren nicht benötigt werden, gilt weiterhin: Solange die Investments breit diversifiziert sind und eine gewisse Bewertungsdisziplin reflektieren – ein MSCI World löst die Aufgabe nicht – können sie mit gutem Gewissen im Markt verbleiben. Ein Depot sollte heute auch Anleihen, Nebenwerte und Schwellenländer abbilden. Kurzfristige Mittel hingegen gehören konsequent in den Geldmarkt oder aufs Konto (bis 100.000 Euro maximal aufgrund der begrenzten Einlagensicherung). Und bitte: Verfallen Sie nicht der Versuchung schon verplantes Geld zu investieren. Es kann auch noch etwas weiter runter gehen!

Positiv zu bewerten ist, dass die Märkte Luft abgelassen haben! Dadurch eröffnen sich auf dem aktuellen Bewertungsniveau neue Chancen: Wer frisches Kapital verfügbar hat, das nicht benötigt wird, kann zu günstigeren Konditionen zukaufen. Wer nicht nachkaufen möchte oder kann, sollte zumindest ein Rebalancing in Betracht ziehen. Damit werden die ursprünglich gewählten Verhältnisse Aktien zu Anleihen etc. wieder hergestellt. Auch das ist ein disziplinierter Weg, um langfristig von Schwankungen zu profitieren und unterbewertete Werte nachzukaufen.

Und noch ein letztes Mal: Bitte verfallen Sie nicht der Versuchung, nun die „gefallenen Engel“ immer noch teuer einzusammeln, vermeintliche Krisenverlierer abzustoßen oder jetzt mit Timing-Wetten in den Markt einzusteigen. Es wird langfristig Ihrem Vermögen schaden.

Falls Sie dennoch versucht sind, solche Entscheidungen zu treffen – oder grundsätzlich Sorge haben, welche Überraschung als nächstes aus Washington oder anderswo kommt unsere Bitte: Rufen Sie uns an. Sie in diesen Tagen mit Ihren Anlagen zu begleiten, ist Kern unseres Jobs. Und das Gespräch mit Ihnen liegt uns am Herzen – gerade jetzt.

Wichtige Hinweise 

Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen sind Indikator für zukünftige Wertentwicklungen. Die Inhalte sind nach bestem Wissen und mit großer Sorgfalt erstellt, gleichwohl können wir die Korrektheit der Informationen nicht garantieren. Wir übernehmen keine Haftung für etwaige Schäden, die aus der Verwendung der in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen resultieren. Die hier enthaltenen Angaben basieren auf sorgfältig ausgewählten Quellen, die als zuverlässig gelten. Wir geben jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben. Hierin zum Ausdruck gebrachte Meinungen geben unsere derzeitige Ansicht wieder und können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Anlagemöglichkeiten, die hier dargestellt werden, sind je nach Anlageziel und Finanzlage nicht für jeden Anleger geeignet. Die hier bereitgestellten Angaben dienen nur allgemeinen Informationszwecken. Der Zweck dieses Dokuments ist die Unterstützung der Diskussion mit Der Finanz Berater über die Anlagemöglichkeiten, die unseren Kunden zur Verfügung stehen. Sie stellen weder eine Anlageberatung noch ein Angebot, eine Empfehlung oder eine Aufforderung zum Treffen von Anlageentscheidungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz dar. Investitionen in Wertpapiere, Investmentfonds, Immobilien und Rohstoffe bergen hohe Verlustrisiken, bis hin zum Totalverlust. Alle Rechte bei Der Finanz Berater – Artur Wunderle Vermögensbetreuungs GmbH, Hauptstraße 8b, 82319 Starnberg. 

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