Mehrfach haben wir bereits betont, dass die strategische Anlageallokation (engl. Strategic Asset Allocation) die wichtigste Entscheidung ist, die ein Investor für sein Portfolio treffen kann. Denn langfristig erklärt die dahinterliegende Aufteilung eines Portfolios auf die Anlageklassen Aktien und Anleihen den Großteil der Renditevariabilität einer Wertpapieranlage.
Die untenstehenden Ergebnisse über eine Zeitreihe von knapp 120 Jahren zeigen deutlich, dass mit steigender Aktienquote die erwartete durchschnittliche Rendite ansteigt. Gleichzeitig nimmt jedoch auch die Schwankungsbreite sowie der maximale Verlust eines Portfolios zu.
Als Vermögensberater und -verwalter streben
wir danach, für unsere Kunden eine Wohlfühlzone für ihre Anlageallokation zu
finden – abgestimmt auf ihre individuellen Ziele, ihren Anlagehorizont sowie
ihre emotionale und wirtschaftliche Risikotoleranz. Im Idealfall liegt die
optimale Quote in einem Bereich, in dem sich zum einen die Anlageziele (z. B.
Ruhestandskapital, Immobilieninvestition) wirtschaftlich realistisch erreichen
lassen, ohne dass man in einer Krise aufgrund hoher Verluste geneigt ist, in
sicherere Anlagen umzuschichten.
Achtung – Portfolios driften mit der Zeit!
Angenommen, der Wohlfühlbereich liegt bei der Erstinvestition in einem ausgewogenen Portfolio mit einer Aktienquote von 60 % und einer Anleihenquote von 40 %. Die Anlagestrategie wird als Buy-and-Hold-Ansatz über eine Anlage in Fonds oder ETFs umgesetzt – und genau hier liegt die Herausforderung. Wird das Depot nicht fortlaufend überprüft – etwa durch einen aktiven Mischfondsmanager –, werden sich die Quoten im Portfolio durch unterschiedliche Marktentwicklungen verändern. Steigen die Aktienmärkte stark, kann der Aktienanteil ungewollt auf beispielsweise über 75 % anwachsen, wodurch das Portfolio risikoreicher wird als ursprünglich geplant.
Um die gewünschte Risikostruktur beizubehalten, ist es notwendig, regelmäßig umzuschichten und das Portfolio auf die ursprünglichen Quoten zurückzuführen. Diesen Prozess der Wiederherstellung der Zielgewichtung im Portfolio nennt man Rebalancing. Rebalancing ist eine essenzielle und einfach umsetzbare Strategie für ein diszipliniertes und effizientes Risikomanagement. Es sorgt nicht nur dafür, dass die ursprünglich festgelegte Anlagestruktur erhalten bleibt, sondern trägt auch aktiv zur Risikokontrolle bei. Durch den gezielten Verkauf übergewichteter Anlagen und den Zukauf untergewichteter Werte wird das Portfolio stets in die gewünschte Risiko-Rendite-Balance zurückgeführt.
Langfristig führt dieser Ansatz zu einer Verbesserung der risikoadjustierten Rendite. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Rebalancing nicht nur das Risiko kontrolliert, sondern auch die Portfolioeffizienz steigert. Ein entscheidender Faktor ist dabei die sogenannte Diversifikationsrendite: Durch regelmäßiges Umschichten der Anlageklassen werden Erträge geglättet und langfristig optimiert.
Darüber hinaus folgt Rebalancing einem der wichtigsten Grundsätze erfolgreichen Investierens – dem antizyklischen Handeln. In Phasen starker Kursanstiege werden überbewertete Anlagen verkauft, während gleichzeitig günstig bewertete Werte nachgekauft werden. Dieses konsequente Kaufen von „vermeintlich schwachen“ und Verkaufen von „vermeintlich starken“ Anlageklassen entspricht dem Prinzip „Buy Low, Sell High“ und verhindert, dass Emotionen wie Gier oder Angst die Anlagestrategie dominieren.
Rebalancing ist mehr als eine rein technische Anpassung.
In der modernen Finanzberatung ist Rebalancing aber weit mehr als eine statische finanztheoretische Anpassung der Investmentstrategie. Vielmehr dient es dazu, das Portfolio kontinuierlich mit den persönlichen Anlagezielen in Einklang zu halten. Es gibt viele Gründe, warum Menschen Änderungen an ihrer ursprünglichen strategischen Anlageallokation vornehmen. Wenn sich ihre allgemeinen Ziele oder Lebensumstände ändern, sollten sie ihre Vermögensaufteilung überprüfen, um sicherzustellen, dass diese weiterhin ihren Bedürfnissen entspricht. So verkürzt sich mit der Zeit der Investitionshorizont: Eine Strategie, die für ein Ziel in zwanzig Jahren geeignet war, könnte weniger passend sein, wenn das Ziel nur noch fünf Jahre entfernt ist.
Auch können sich in Phasen politischer oder wirtschaftlicher Unsicherheit die Risikotoleranz und Marktwahrnehmung verändern. Angst vor Zöllen, Rezession oder Krieg? Ein Rebalancing auf eine geringere Ziel-Aktienquote kann helfen, ein in der Regel schädliches Aussteigen aus dem Markt zu verhindern und dennoch ruhiger zu schlafen.
Methoden des Rebalancings.
Die Frage nach der richtigen Methode für ein Rebalancing wird von Investoren, Beratern und Vermögensverwaltern kontrovers diskutiert – auch die Finanzwissenschaft liefert hierzu kein eindeutiges Ergebnis. Einig ist man sich jedoch darin, dass ein zu häufiges Rebalancing (z. B. monatlich oder vierteljährlich) hohe Handelskosten verursacht, ohne dass es einen messbaren Vorteil bringt. Tatsächlich hat sich das unterjährige „Atmen lassen“ der Anlagequoten in der Vergangenheit sogar positiv auf die Performance ausgewirkt. Folgende Ansätze haben sich indes etabliert:
- Kalenderbasiertes Rebalancing: Das Portfolio wird in festen Zeitabständen (z. B. halbjährlich oder jährlich) überprüft und gegebenenfalls angepasst.
- Schwellenwertbasiertes Rebalancing: Hierbei wird erst dann eingegriffen, wenn eine Anlageklasse eine vorher festgelegte Toleranzgrenze überschreitet (z. B. +/- 3 % auf Wertpapierebene oder +/- 5 % auf Anlageklassenebene). Diese Methode kann präziser sein, erfordert aber eine laufende Überwachung.
- Cash-Flow-basiertes Rebalancing: Die effektivste Methode. Neue Einzahlungen fließen in untergewichtete Anlageklassen, Entnahmen erfolgen aus übergewichteten Anlageklassen. Dadurch werden Transaktionskosten und Steuerbelastungen minimiert.
Rebalancing durch den Vermögensverwalter.
Im Rahmen unserer Anlageberatungsmandate nehmen wir Rebalancings in der Regel anlassbezogen und cash-flow-basiert – beispielsweise im Rahmen unseres jährlichen Strategiegesprächs – vor. Wer sein Portfolio nicht selbst regelmäßig überprüfen und anpassen möchte, kann diese Aufgabe an uns delegieren. In unseren vermögensverwaltenden Strategien „Finfolio“ setzen wir ein automatisiertes Rebalancing ein, das Positionen halbjährlich automatisch anpasst. In der individuellen Vermögensverwaltung hingegen rebalancen wir anlassbezogen im Rahmen der mit den Kunden individuell vertraglich festgelegten Bandbreiten.
Pragmatismus vor Perfektionismus
Rebalancing ist ein essenzieller Bestandteil einer erfolgreichen rationalen und passiven Investmentstrategie. Es sorgt dafür, dass das Portfolio im Einklang mit den persönlichen Anlagezielen bleibt und man als Investor langfristig die Kontrolle über das eigene Portfolio behält. Das Prinzip dahinter bleibt dabei aber mehr ein Ansatz zur Risikovermeidung als zur Renditeoptimierung.
Hinsichtlich der Wahl der Methodik bleibt indes wichtiger, dass es gemacht wird als wie es gemacht wird. Wie so oft in der Geldanlage darf hier die Suche nach der 100%-immer-richtig-Lösung nicht vor einer Umsetzung abhalten. Wichtiger ist es, überhaupt aktiv zu werden, Fehler zu vermeiden, eine praktikable Strategie festzulegen und letztlich auch diszipliniert zu verfolgen. Wo Cash-Flow-basiertes Rebalancing möglich ist, sollte stets diese Methode maximal genutzt werden, weil sie keine relevanten Transaktionskosten oder Steuernachteile verursacht. Wenn Anleger indes nicht selbst aktiv werden möchten, sollten Sie die regelmäßige Anpassung an einen Vermögensverwalter oder Fondsmanager delegieren.